Grundlagen der Abrechnung zahnärztlicher Leistungen im Bereich der privaten Krankenversicherung



Rene Krousky

Grundlagen der Berechnung zahnärztlicher Leistungen  im Bereich der privaten Krankenversicherung

In Deutschland werden die zahnärztlichen Leistungen – abhängig vom versicherungsrechtlichen Status des Patienten – nach zwei unterschiedlichen Systemen vergütet. Der Honoraranspruch des Zahnarztes für die Behandlung eines Privatpatienten beruht in aller Regel auf der Gebührenordnung für Zahnärzte. Diese gilt, so lange nicht durch ein Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist. Eine andere Bestimmung in diesem Sinne findet sich insbesondere für die Behandlung im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Hier erbrachte zahnärztliche Leistungen werden auf der Grundlage des BEMA vergütet. (siehe hierzu „Grundlagen der Abrechnung zahnärztlicher Leistungen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung“) Ausgehend von diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis verfolgen die Regelungen unterschiedliche Zielsetzungen: Die GOZ will und muss notwendig den Stand der zahnmedizinischen Entwicklung widerspiegeln. Der unter dem Wirtschaftlichkeitsgebot stehende BEMA erfasst Leistungen, die in diesem Sinne ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.

 

Vergütungsanspruch

Der Vergütungsanspruch des Zahnarztes für die Behandlung eines Privatpatienten beruht grundsätzlich auf § 630a BGB, der die „Vertragstypische Pflichten beim Behandlungsvertrag“ regelt. Absatz 1 bestimmt, dass „Durch den Behandlungsvertrag … derjenige, welcher die medizinische Behandlung eines Patienten zusagt (Behandelnder), zur Leistung der versprochenen Behandlung, der andere Teil (Patient) zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet,“ (wird).

Nach § 1 Absatz 2 GOZ darf der Zahnarzt Vergütungen nur für Leistungen berechnen, die nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst für eine zahnmedizinisch notwendige zahnärztliche Versorgung erforderlich sind.

Unter den Regeln der zahnärztlichen Kunst sind die allgemein im Berufsstand anerkannten Grundsätze der zahnmedizinischen Wissenschaft und der Verwendung geeigneter Geräte und Materialien zu verstehen. Maßgeblich ist der Entwicklungsstand zum Zeitpunkt von Planung und der Behandlung. Die zahnmedizinische Notwendigkeit richtet sich nach objektiven Erkenntnissen (Befunden) und ist immer dann gegeben, wenn und solange es nach den zum Zeitpunkt der Planung und Durchführung der Therapie erhobenen Befunden und den hierauf beruhenden zahnärztlichen Erkenntnissen (zahnmedizinische Wissenschaft) vertretbar war, sie als notwendig anzusehen. Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode zur Verfügung steht, die geeignet ist, die Krankheit zu heilen oder zu lindern oder einer Verschlimmerung vorzubeugen.

Leistungen, die über das Maß einer zahnmedizinisch notwendigen Behandlung hinausgehen, sind z.B. Leistungen, die ausschließlich kosmetischen Zwecken dienen oder aus anderen Gründen nicht zu Heilzwecken erbracht werden. Nicht unter diese Kategorie fallen Leistungen, die ästhetisch und zugleich zahnmedizinisch veranlasst sind, selbst dann, wenn der ästhetischen Motivation ein besonderes Gewicht zukommt. Über das Maß der zahnmedizinisch notwendigen Behandlung hinausgehende Leistungen – und ihre Vergütung – müssen, um einen Honoraranspruch begründen zu können, vom Patienten ausdrücklich verlangt und nach § 2 Absatz 3 GOZ in einem Heil- und Kostenplan schriftlich vereinbart werden.

 

Vergütung

Was Vergütungen im Sinne der GOZ sind, regelt § 3 GOZ, nämlich: Gebühren, Entschädigungen und der Ersatz von Auslagen.

  • 4 Absatz 1 erläutert den Begriff „Gebühren“. Gebühren sind die Vergütungen, die sich für die im Gebührenverzeichnis der GOZ aufgelisteten zahnärztlichen Leistungen auf der Grundlage der zugeordneten Punktzahl und des Punktwertes (§ 5 Absatz 1 Satz 3) unter Anwendung des Steigerungssatzes ergeben.

Die GOZ eröffnet für die Berechnung der Höhe der einzelnen Gebühr einen Gebührenrahmen vom Einfachen bis zum Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes. Der „Gebührensatz“ ist der Betrag, der sich ergibt, wenn die der Leistung zugeordnete Punktzahl mit dem Punktwert von 5,62421 Cent multipliziert wird.

  • 5 Absatz 2 legt fest, wie die individuell „richtige“ Höhe der Gebühr in dem von Absatz 1 Satz 1 eröffneten Gebührenrahmen zu finden ist. Die Norm gibt dem Zahnarzt hierfür folgende Bemessungskriterien an die Hand:

– Schwierigkeit der einzelnen Leistung,

– Zeitaufwand der einzelnen Leistung sowie

– Umstände bei der Ausführung

Die in § 5 Abs. 2 aufgeführten Bemessungskriterien „Schwierigkeit, Zeitaufwand und Umstände bei der Ausführung“ stehen gleichberechtigt nebeneinander. Dabei ist – etwa wenn mehrere Gesichtspunkte in die Bemessung einfließen – keine schematische Aufteilung der Kriterien erforderlich. Vielmehr hat der Zahnarzt in jedem Fall eine Gesamtbetrachtung aller relevanten Faktoren vorzunehmen und auf diese Weise in Ausübung des Ermessens die jeweilige Gebühr zu bestimmen. Innerhalb des Gebührenrahmens sind die Gebühren unter Berücksichtigung der genannten Kriterien nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Regelung gesteht dem Zahnarzt bei der Anwendung der Bemessungskriterien des Abs. 2 Satz 1 einen Entscheidungsspielraum zu, verpflichtet ihn aber gleichzeitig, diesen Entscheidungsspielraum nicht willkürlich, sondern nach den Grundsätzen der Billigkeit auszuüben. Was billigem Ermessen entspricht, ist unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien und des in vergleichbaren Fällen Üblichen festzustellen.

Nach § 6 Absatz 1 Satz 1 GOZ können Leistungen, die im Gebührenverzeichnis fehlen, analog berechnet werden. Die selbständige, nicht im Gebührenverzeichnis enthaltene Leistung kann entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Die Regelung stellt damit auf die Gleichwertigkeit und nicht auf die Gleichartigkeit ab. Die Gleichwertigkeitsprüfung hat demnach nicht zwingend anhand des Leistungsinhalts zu erfolgen. Für die Feststellung der Gleichwertigkeit hat der Zahnarzt Art, Kosten- und Zeitaufwand der neuen Leistung mit der hilfsweise zur Berechnung ausgesuchten Analogleistung zu vergleichen. Das Kriterium der Art der Leistungserbringung stellt im Wesentlichen auf das Ziel der Leistung ab. Der Kostenaufwand vergleicht die Kosten der Leistungserbringung – auch die nach § 4 Absatz 3 abgegoltenen Kosten – und ggf. den Einsatz besonders qualifizierten Personals. Der Zeitaufwand erfordert einen Vergleich der individuell notwendigen Zeit der Leistungserbringung der nicht erfassten Leistung mit dem Zeitaufwand des Zahnarztes für die analog herangezogene Leistung. Der Zahnarzt hat bei der Analogiebewertung und der Feststellung der Gleichwertigkeit einen Ermessensspielraum. Nicht alle drei Kriterien müssen nebeneinander gleichrangig erfüllt werden, sondern müssen in einer Gesamtschau zur Gleichwertigkeit führen.

 

Honorarvereinbarung

Unter bestimmten Voraussetzungen kann – trotz des Bestehens der GOZ – die Höhe des Honorars auch durch eine Vereinbarung zwischen Zahnarzt und Patient bestimmt werden.

  • 2 Absatz 1 legt fest, dass eine solche abweichende Vereinbarung nur über die Höhe der Vergütung – und damit über den Steigerungssatz – möglich ist. Grundsätzlich sind daher u.a. folgende Vereinbarungen ausgeschlossen:

– die Vereinbarung eines Pauschalhonorars

– die Abdingung des Gebührenrahmens

– die Vereinbarung eines abweichenden Punktwertes oder einer abweichenden Punktzahl.

Eine zahnärztliche Hilfeleistung im Notfall oder bei akuter Schmerzbehandlung, darf nicht von einer abweichenden Honorarvereinbarung abhängig gemacht werden. Wenn der Patient auf zahnärztliche Hilfe akut angewiesen ist, dann berührt das die allgemeine Pflicht im Unglücksfall Hilfe zu leisten. Das Hilfeersuchen des Patienten darf weder abgelehnt (vergleiche § 2 Abs. 5d der Muster-Berufsordnung für Zahnärzte), noch von einer Bedingung abhängig gemacht werden. Für Röntgen-Leistungen ist die freie Vereinbarung aufgrund der Vorschriften der GOÄ ausgeschlossen.

Wirksamkeitsvoraussetzung einer Honorarvereinbarung ist zunächst die persönliche Absprache im Einzelfall. Nach der Rechtsprechung ist eine abweichende Vereinbarung grundsätzlich nicht in allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich (BGHZ 115, 391). Hierzu hat allerdings das Bundesverfassungsgericht (MedR 05, 160) ausgeführt, dass an derartige Vereinbarungen keine übersteigerten Anforderungen zu stellen sind, insbesondere notwendigerweise identische Inhalte mehrerer Verträge kein Kriterium für eine formularmäßige Gestaltung darstellen können und es auch nicht verlangt werden kann, dass alle Vertragsteile im Einzelfall neu geschrieben, oder die Gebührensätze im Einzelfall vom Zahnarzt mit dem Zahlungspflichtigen vor Zeugen ausgehandelt werden.

Die Vereinbarung muss vor Erbringung der Leistung geschlossen werden. Wird nach begonnener Behandlung eine Vereinbarung geschlossen, dann ist dies wirksam nur noch für die Leistungen möglich, die nach der Vereinbarung erbracht werden.

Das Erfordernis der Vereinbarung in einem Schriftstück, das nur die in Abs. 2 Satz 2 genannten Inhalte haben darf, führt zum Schriftformerfordernis im Sinne von § 126 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Das heißt, die Vereinbarung wird erst wirksam, wenn die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgt.

Die Vertragsurkunde muss konkrete Leistungspositionen der GOZ (bzw. der GOÄ) enthalten und diese einschließlich ihrer Gebührennummer und ihrer Bezeichnung aufführen. Den Leistungspositionen ist jeweils der konkret vereinbarte Steigerungssatz und der daraus resultierende Betrag zuzuordnen. Schließlich muss die Feststellung aufgenommen werden, dass eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Dieser Hinweis ist letztlich Ausfluss der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht, einer Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag.

Ausgehend hiervon empfiehlt sich die Verwendung des im GOZ-Kommentar der Bundeszahnärztekammer (http://www.bzaek.de/fuer-zahnaerzte/gebuehrenordnung-fuer-zahnaerzte-goz/goz-kommentar.html ) dargestellten Vereinbarungsmusters.

 

Rechnungslegung

Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, von dem ab der Zahnarzt Zahlung auf den Gebührenanspruch verlangen kann und der Patient bzw. Zahlungspflichtige die Forderung erfüllen muss. § 10 Abs. 1 GOZ legt hierzu fest: Der Zahnarzt kann eine Vergütung vom Patienten erst dann fordern, wenn er dem Patienten eine Rechnung erstellt hat, die den Erfordernissen der GOZ genügt.

Bei diesen Erfordernissen handelt es sich um:

  1. die Berechnungsbestimmungen im Paragrafenteil der GOZ
  2. die allgemeinen Bestimmungen zu den Abschnitten des Gebührenverzeichnisses
  3. Bestimmungen, die zu den einzelnen Gebührenpositionen formuliert sind
  4. die Formvorschriften zur Erstellung einer Rechnung in § 10 Abs. 2 – 4 GOZ
  5. das Rechnungsformular gemäß Anlage 2 GOZ.

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