Versicherungen für den Zahnarzt und die Praxis



Patrick Weidinger

Eines der größten Risikopotentiale zahnärztlicher Berufsausübung ist die Haftung für iatrogene Schäden. Deshalb sollten Sie sich vertraut machen mit den Grundlagen zahnärztlicher Berufshaftung einschließlich der entsprechenden Regeln des 2013 in Kraft getretenen Patientenrechtegesetzes („Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten“; §§ 630a ff BGB/Bürgerliches Gesetzbuch).

Zudem können Sie sich hier anhand exemplarischer Fälle für immer wiederkehrende Schadenmuster sensibilisieren.

Leider lässt es sich nicht immer vermeiden, dass Schadenersatzansprüche gestellt werden. Aus diesem Grund ist eine Berufshaftpflichtversicherung mit erweitertem Strafrechtsschutz und das Wissen um angemessenes Verhalten im Schadenfall besonders wichtig.

 

Grundlagen der zahnärztlichen Berufshaftung

Wie jede Ärztin und jeder Arzt kann auch die Zahnärztin oder der Zahnarzt haften, wenn er/ sie einer Patientin oder einem Patienten einen Schaden zufügt. Dieser Schaden kann ein Per- sonenschaden (z. B. eine Nervenläsion  durch Abrutschen mit dem Bohrer in den Mund- boden), ein Sachschaden (z. B. die Verfärbung einer Bluse durch Abdruckmaterial) oder ein Vermögensschaden (z. B. durch  unvollstän- dige Information  über die vom Patienten zu tragenden Kosten) sein.

Das deutsche Recht kennt zwei Anspruchs- grundlagen, nach denen Schadenersatzan- sprüche möglich sind: die Vertragshaftung des Liquidierenden und die Deliktshaftung des Handelnden. Liquidierender und Han- delnder können ein und dieselbe Person sein, z. B. wenn ein Praxisinhaber  einen falschen Zahn extrahiert. Liquidirende und Handeln- de können aber auch personenverschieden sein. Beispiel: Die angestellte ZFA fügt einem Patienten bei der Zahnreinigung eine vermeid- bare Verletzung zu. Gegenüber dem Patienten haften  sowohl  die ZFA als Handelnde  als auch die Praxisinhaberin oder der Praxisinhaber aus Behandlungsvertrag; diesen wird das Handeln der ZFA als ihrer sog. Erfüllungsgehilfin zu- gerechnet.

Ob Schadenersatz geschuldet wird, hängt von der Verantwortung des Schädigenden  ab. Der Zahnarzt haftet für einen Schaden des Patien- ten, wenn er den gebotenen zahnärztlichen Standard nicht gewahrt hat (Behandlungs-/ Diagnosefehler), wenn er den Patienten über aufklärungsbedürftige Risiken nicht aufgeklärt hat (Aufklärungspflichtverletzung) oder wenn ihm sonstige Sorgfaltspflichtverletzungen  vor- zuwerfen sind (z. B. wenn der Patient  aufgrund von Bodennässe hingefallen  ist oder er sich an einer ungesichert herumliegenden Spritze verletzt hat).

Grundsätzlich muss derjenige, der Schaden- ersatz verlangt, die Berechtigung seiner An- sprüche beweisen. In diesem Sinne muss ein Patient der Zahnärztin oder dem Zahnarzt sowohl den Behandlungsfehler als auch die Kausalität  des Fehlers für den Schaden nach- weisen. In bestimmten Fällen wie dem eines groben Behandlungsfehlers macht das Patien- tenrechtegesetz zugunsten des Patienten Aus- nahmen von diesem Grundsatz (§ 630h BGB).

So ist die Zahnärztin  oder der Zahnarzt in der Regel dafür beweispflichtig, dass sie die Patientin oder den Patienten über typische Risiken eines Eingriffs informiert und aufge- klärt  hat (§ 630h  BGB). Zu diesen Aufklärungs- pflichten gehört, möglichst über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände zu informieren.  Dies umfasst insbesondere Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten. Bei der Aufklärung ist auch auf Behandlungsalternativen hinzuweisen, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Methoden zu wesent- lich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen führen können. Die Aufklärung muss mündlich, verständlich und so rechtzeitig  erfolgen, dass die Patientin oder der Patient die Entscheidung über die Ein- willigung wohlüberlegt treffen können (§ 630e BGB). Der Patientenaufklärung kommt auch aus strafrechtlichen  Gründen eine besondere Bedeutung zu. Nach ständiger Rechtsprechung ist jeder Eingriff tatbestand- lich eine Körperverletzung, die nur dann nicht zur Bestrafung führt, wenn sie gerechtfertigt ist. Ein solcher Rechtfertigungsgrund ist die Einwilligungserklärung der Patientin oder des Patienten.

Da die Zahnärztin oder der Zahnarzt den Rechtfertigungsgrund der Einwilligung und damit auch das Aufklärungsgespräch samt Inhalt beweisen muss, haben sie für entspre- chende Beweismittel zu sorgen. Am sichersten ist der Dokumentationsbeweis möglichst mit Unterschrift  des Patienten. Hierfür sind die Formulare der Fachverlage geeignet. Grund- sätzlich kann aber auch die Dokumentation des Gespräches in der Patientenkarteikarte ge- nügen. Nach dem Patientenrechtegesetz sind zwei Dinge besonders zu beachten: Berichti- gungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte sind nur zulässig, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt, wann sie vorgenommen worden sind; dies gilt auch für die elektronische Patienten- akte. Der Patientin bzw. dem Patienten sind Abschriften von Unterlagen, die im Zusam- menhang mit der Aufklärung oder Einwilli- gung unterzeichnet wurden, auszuhändigen.

 

Die häufigsten Fehlerquellen

Haftungsquellen  sind insbesondere Behand- lungs- (Indikations-, Diagnose-, Therapie-) und Aufklärungsfehler. Hier eine Auswahl gutachterlicher Feststellungen:

Indikation

■   Kommt die Zahnärztin oder der Zahn- arzt nicht indizierten Patientenwünschen nach, kann dies Schadenersatzansprüche auslösen. Ein Patient, der in laienhaftem Unverstand aufgrund einer unsinnigen Eigendiagnose eine Extraktion seiner Zähne wünscht, erteilt keine wirksame Einwilli- gung in diese Maßnahme, da kein Heilein- griff gegeben ist.

■   Wird die Erhaltungswürdigkeit von erhal- tungsfähigen  Zähnen schon bei der ersten Behandlung eines jugendlichen Patienten ausgeschlossen, so entspricht  dies nicht gutem zahnärztlichen Standard.

■   Erfolgt eine Extraktion ohne den möglichen Versuch der Zahnerhaltung,  so entspricht dies nicht dem zahnmedizinischen Stan- dard.

 

Diagnose/Befunderhebung

■   Fehlerhaft ist das Unterlassen einer para- dontalen Befunderhebung (Taschentiefe, Lockerungsgrad, Blutungsneigung) vor dem Einsetzen einer Modellgussprothese.

■   Eine postoperative  Röntgenaufnahme  ist geboten, wenn nach der Extraktion der Ver- dacht auf eine Kieferfraktur besteht.

■   Der Ursache der seit Wochen (im Ergebnis bösartig) veränderten Mundschleimhaut ist nachzugehen.

 

Therapie

■   Die Eingliederung umfangreichen Zahn- ersatzes ohne indizierte  Parodontosebe- handlung ist fehlerhaft.

■   Eine zahnprothetische  Behandlung darf erst nach Kariesbehandlung erfolgen.

■   Das Belassen von Wurzelresten  stellt grundsätzlich einen Behandlungsfehler dar.

■   Die Extraktion mittels Hebel ohne vorherige Lockerung ist fehlerhaft.

 

Aufklärung

■   Vor der chirurgischen Entfernung des Weisheitszahns 48 ist über das Risiko der Verletzung des nervus lingualis als Folge der Osteotomie oder der Leitungsanästhesie aufzuklären.

■   Vor der Extraktion des Weisheitszahns ist die Patientin oder der Patient über die er- höhte Gefahr eines Kiefernbruchs zu be- lehren. Kieferfrakturen gehören zu den Risiken, über die die Zahnärztin  oder der Zahnarzt die Patientin oder den Patienten vor der Extraktion eines Weisheitszahns aufzuklären hat.

■   Es ist auf die massive Überstopfung  des Wurzelkanals und die möglicherweise not- wendig werdende Wurzelspitzenresektion hinzuweisen.

 

Die Berufshaftpflichtversicherung

Die Berufsordnungen fordern eine Versiche- rung der Zahnärztin bzw. des Zahnarztes gegen Haftpflichtansprüche  aus beruflicher Tätigkeit. So heißt es in § 4 der Musterberufs- ordnung der Bundeszahnärztekammer (Stand November 2014): „Der Zahnarzt muss gegen Haftpflichtansprüche aus seiner beruflichen Tätigkeit versichert sein. Mit der Meldung bei der Kammer und auf Verlangen der Kammer hat der Zahnarzt seine Berufshaftpflichtver- sicherung nachzuweisen.“

Die Berufshaftpflichtversicherung ist aber nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich notwendig. Denn es kann zu Schadenersatz- ansprüchen in Dimensionen kommen, die man mit seinem Privatvermögen kaum stemmen kann. So z. B. im Fall eines anaphylaktischen Schocks nach Leitungsanästhesie, der infolge des fehlerhaften Notfallmanagements des Zahnarztes zu einem apallischen Syndrom geführt hat. Zu den ausgelösten Schaden- ersatzpositionen gehörten insbesondere das Schmerzensgeld in Höhe von 500.000 Euro sowie monatliche Leistungen von 4.000 Euro für den Verdienstschaden und 6.000 Euro für die Heilbehandlungs- und Pflegekosten.

Eine ausreichende Versicherung sollte also sichergestellt  sein. Im Zweifel ist es ratsam, sich beraten zu lassen. Bei der Auswahl einer Versicherungsgesellschaft sollte man darauf achten, dass diese eine eigene Arzthaftpflicht- Schadenabteilung mit spezialisierten Juris- tinnen und Juristen sowie Konsiliarärztinnen und Konsiliarärzten unterhält. Nur dann ist es möglich, auf Vorwürfe des Patienten rechtlich und medizinisch angemessen zu reagieren und Ärger sowie negative Publizität zu vermeiden.

 

Verhalten im Schadenfall

Statistisch wird jede Zahnärztin bzw. jeder Zahnarzt mindestens einmal im Berufsleben auf Schadenersatz in Anspruch genommen. Hier geht es nicht  um den offenbar  unver- meidbaren Kleiderschaden durch Abdruck- material, sondern um Personenschäden durch Behandlungs- oder Aufklärungsfehler. Die entsprechende Palette reicht von Nervenläsio- nen über Kieferbrüche bis hin zu schwersten Dauerschäden.  So z. B. in einem Fall, in dem ein Zahnarzt nach vermutetem Verschlucken eines Goldinlays keine Diagnostik veranlasste und der Patient später infolge des aspirierten Inlays einen hypoxischen Hirnschaden erlitt (Ruptur einer Lungenarterie).

Die Geltendmachung von Schadensersatz- ansprüchen kann auf verschiedenen Wegen erfolgen, insbesondere

■   durch Vorwürfe und Forderungsdrohung des Patienten,

■   durch Schreiben einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwaltes, einer Schlichtungs- stelle oder einer Krankenkasse,

■   durch Zustellung eines Mahnbescheides oder einer Klage.

In derartigen Situationen sollte der Haft- pflichtversicherer sofort und so vollständig wie möglich informiert  werden. Damit stellt man nicht nur sicher, dass man einen kompetenten Partner an seiner Seite hat. Man beachtet auch die Versicherungsbedingungen, welche vorschreiben, dass jeder Versiche- rungsfall  dem Versicherer unverzüglich  anzu- zeigen ist (sogar schon dann, wenn Schaden- ersatzansprüche konkret drohen).

Hier noch einige nützliche Handlungsempfehlungen:

■   Dem ernstlichen Verlangen des Patienten auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen oder Herausgabe von Kopien sollte nach- gekommen werden. In § 630g BGB heißt es hierzu: „Dem Patienten ist auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Die Ablehnung der Einsichtnahme ist zu begründen. […] Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen. Er hat dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten.“

■   Patientinnen und Patienten bzw. deren Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sollten im versicherten Haftpflichtfall im- mer an den Versicherer verwiesen werden. Denn diese führen für sie die entsprechen- de Korrespondenz.

■   Gegen einen Mahnbescheid ist mit dem jeweils beiliegenden Formular fristgemäß Widerspruch einzulegen und der Versiche- rer ist umgehend zu informieren.

■   Bei einer Klagezustellung sind unbedingt die Gerichtsfristen zu beachten, damit nicht alleine wegen Fristversäumnis eine Verurteilung erfolgt. Auch hier ist der Versicherer zu informieren.

■   Eine Rechtsanwältin  oder einen Rechtsan- walt sollte man immer nur nach Abstim- mung mit dem Versicherer beauftragen. Etwas anderes gilt, wenn eine Klage zugestellt wurde und die Gerichtsfristen unmittelbar abzulaufen drohen.

■   Cave: Für die Einhaltung  von Fristen wie der Klageerwiderungsfrist ist die Zahnärztin oder der Zahnarzt verantwortlich!

 

Strafverfahren

Während sich Zivilverfahren mit dem Scha- denersatz befassen, geht es in Strafverfahren um eine mögliche Geld- oder Freiheitsstrafe. Strafverfahren wegen Behandlungs- oder Aufklärungsfehlern  sind zwar selten, dafür aber wegen der möglichen Strafe, der Öf- fentlichkeitswirkung  sowie den möglichen berufsrechtlichen  Folgen zumindest psychisch belastend.

Im schlimmsten Fall kann neben einer Frei- heitsstrafe noch ein Berufsverbot drohen. Wird gegen Sie ermittelt, ist eine anwaltliche Vertretung immer sinnvoll. Zur Prüfung einer Kostenübernahme  sollten Sie Ihren Haft- pflichtversicherer und Ihren Rechtsschutzversicherer über die Einleitung eines Strafverfah- rens umgehend informieren.

 

Sicherheit für Praxisgründerinnen und Praxisgründer

Die eigene Praxis – das ist die Idee. Dann wird gerechnet, ein Businessplan wird erstellt, das Praxiskonzept im Detail ausgearbeitet und schließlich entschieden: Die Startphase in die Selbstständigkeit kann beginnen. Selbstständig als Zahnärztin bzw. Zahnarzt.

Allerdings: Der Schritt in die Selbstständigkeit ist für junge Zahnärztinnen und Zahnärzte ein ganz besonderes  Ereignis.  Es ist ein bedeu- tender und (hoffentlich) einmaliger Schritt im Berufsleben. Bestens ausgebildet und erfahren in der zahnmedizinischen Behandlung, sind junge Praxisgründerinnen und Praxisgründer nun in unternehmerischer, betriebswirtschaft- licher und rechtlicher Hinsicht gefordert.

Viele Faktoren beeinflussen den zukünftigen wirtschaftlichen Weg. Denn unternehmerische Risiken sind von nun an die Wegbegleiter. Diese gilt es zu erkennen, zu begrenzen bzw. auszuschalten. Ungeschützt kann alles auf dem Spiel stehen: Die Praxis wie auch die persönliche Lebensplanung. Im Folgenden ist über verschiedene Versiche- rungen zu sprechen, die zur Verfügung stehen,um die privaten und beruflichen Risiken finanziell  abzusichern. Eines aber vorab: Die Beratung eines kompetenten Repräsentanten einer Versicherung, die sich idealerweise auf den Heilberufesektor spezialisiert hat, können diese „Hinweise“ nicht ersetzen. Zu individuell sind die Anforderungen und Ansprüche einer jeden Zahnärztin bzw. eines jeden Zahnarztes und der Praxis.

 

 

Von tragbaren und existentiellen Risiken

Die Chancen des Marktes zu nutzen und deren Risiken richtig  einzuschätzen sind die De- terminanten der Freiberuflichkeit. Hier ist von den Risiken die Rede, deren Bewertung eine individuelle Risikoanalyse voraussetzen. Ab- gesehen von den Risiken, deren Absicherung gesetzlich bzw. nach der Berufsordnung der Zahnärztekammern vorgeschrieben ist, können unter Kosten-Nutzen-Erwägungen zunächst zwei Unterteilungen getroffen werden:

■   Ein Risiko kann als tragbar beurteilt werden, d. h. im Schadenfall kann der finanzielle Schaden aus der eigenen Kasse bezahlt werden oder

■   die finanzielle Belastung kann im Scha- denfall so hoch sein, dass sie zu einer existentiellen Gefahr für die Praxis werden kann und daher durch eine Versicherung abzusichern ist.

Es kommt also immer auf die finanzielle Belastung an. Gefahren, welche die Existenz bedro- hen, müssen versichert sein. Dies betrifft nicht nur die Versicherung der Berufshaftpflicht (siehe Kapitel 11), sondern auch viele andere Risiken. Um diese geht es im Folgenden.

 

Erster Gefahrenpunkt:

Die Absicherung  des Praxisdarlehens

Hier gibt es keine Überlegungen hinsichtlich der Risikolage. Eine Bank wird und muss bei einer Kreditvergabe Sicherheiten verlangen. Praxisgründerinnen und Praxisgründer werden mit einem Existenzgründungs- und Finanzie- rungskonzept vorsprechen und überzeugen müssen. Ein Trost: Über 80 % aller Existenz- gründungen in Deutschland werden finan- ziert. Auch die meisten Zahnärztinnen und Zahnärzte können ihre Praxis nur mit einer Finanzierung realisieren.

Die richtige Finanzierungsstrategie will wohl überlegt sein, denn schließlich muss die junge Zahnärztin oder der junge Zahnarzt in der Regel ein beträchtliches  Darlehen aufnehmen. Dazu gehören folgende Schritte:

■   Ermittlung  des Gesamtfinanzierungsbedarfs

■   Erstellung eines Finanzierungskonzepts inklusive öffentlicher Mittel

■   Beschaffung notwendiger Kreditunterlagen

■   Einholen und Vergleich alternativer Finanzierungsmöglichkeiten – auch unter steuerlichen Gesichtspunkten

Wichtig dabei: die Finanzierung der Praxis- gründung sollte neben den beruflichen auch die privaten Rahmenbedingungen und Zukunftspläne einbeziehen. Dabei geht es vor allem darum, finanziellen Spielraum für private Investitionen  zu haben, Vorsorge, Im- mobilienerwerb und Praxisgründungsinvesti- tionen optimal aufeinander abzustimmen.

Eine nach wie vor finanziell  und vor allem auch steuerlich attraktive Möglichkeit der Finanzierung ist, das Darlehen über eine Versi- cherung zu tilgen. Das Prinzip ist einfach: Die Tilgung des Bankdarlehens erfolgt zu einem festgelegten Zeitpunkt über die Ablaufleistung der Versicherung oder einen Rückkaufswert dieser parallel abgeschlossenen Absicherung.

Das Praxiskonzept

Um die Herausforderungen einer Praxis- gründung erfolgreich zu meistern, ist ein ganzheitliches Finanzierungskonzept zu entwickeln, das durch konsequente Nutzung von Steuer- und Renditevorteilen neben der Finanzierung der Zahnarztpraxis idealerweise auch die privaten Wünsche und Ziele realisiert. Wie kann das funktionieren?  Die „Big Points“, die ein durchdachtes „Praxiskonzept“ berück- sichtigen muss:

 

Maßgeschneiderte Darlehenslaufzeit:

Im Gegensatz zu einer herkömmlichen  Nieder- lassungsfinanzierung, die in der Regel auf 10 bis maximal 15 Jahre ausgelegt ist, sollte eine individuelle Gestaltung der Darlehens- laufzeit, gegebenenfalls bis zum angestrebten Rentenzeitpunkt, vereinbart werden.

 

Maximale Steuerersparnis:

Die Vorteile einer endfälligen Tilgung sind zu nutzen, wobei ein gleichbleibender Schuldzin- senabzug über die gesamte Darlehenslaufzeit eine Steuerersparnis ermöglicht.

 

Kapitalaufbau:

Die eingesparten Tilgungsra- ten werden in eine konventionelle oder fonds- gebundene Rentenversicherung investiert.

 

Altersvorsorge:

Durch das langfristige  Ausschöpfen der Steuer- und Renditevorteile wird ein Beitrag für die Altersvorsorge generiert. Das für die Tilgung nicht benötigte Kapital kann dann entweder als Einmalbetrag oder bei geringer steuerlicher Belastung als Rente ausgezahlt werden.

 

Zweiter Gefahrenschwerpunkt: die Arbeitskraft der Chefin und des Chefs

Ohne die Arbeitskraft der Zahnärztin oder des Zahnarztes läuft nichts. Wird die Praxisinha- berin oder der Praxisinhaber berufsunfähig, sei es durch Unfall oder Krankheit, kommt  kein Geld in die Kasse und die Praxis muss vorüber- gehend oder sogar auf Dauer geschlossen werden.

 

Berufsunfähigkeitsversicherung

Die Berufsunfähigkeitsversicherung  (BU) ist die finanzielle Absicherung bei Einkommens- ausfällen. Nicht umsonst verkünden Ver- braucherschützer und Versicherer unisono die Wichtigkeit dieser Versicherung. Sie ist für die Praxisgründerin oder den Praxisgründer ein „Muss“.

Die Grundabsicherung für Zahnärztinnen und Zahnärzte ist die obligatorische berufsständische Absicherung über das Versorgungswerk. Allerdings könnte diese Leistung dem Umfang und der Höhe nach nicht den Ansprüchen und Erwartungen entsprechen. Eine private BU ist dann eine sinnvolle Er- gänzung. Sie leistet nämlich  nicht  nur dann, wenn der Beruf des Zahnarztes bei 100 %iger Berufsunfähigkeit überhaupt nicht mehr aus- geübt werden kann, sondern auch bei lediglich teilweiser Berufsunfähigkeit. Durch eine private BU mit einem passen- den Leistungsangebot lassen sich die damit programmierten finanziellen Belastungen absichern. Zahnärztinnen und Zahnärzte können mit einem garantierten monatlichen Ersatzeinkommen rechnen, das sie nach ihrem persönlichen Bedarf vereinbaren.

Vor allem aber bekommen sie die volle vereinbarte Leistung bereits ab 50 % Berufsunfähig- keit. Eine Reihe weiterer Leistungen „Ohne Wenn und Aber“ sind im Berufsunfähigkeits-schutz der Deutschen Ärzteversicherung enthalten – und zwar in ganz zahnarztspezi- fischen Detailbereichen. So z. B. bei einer He- patitis-Infektion, ohne dass ein behördliches Tätigkeitsverbot ausgesprochen werden muss. Als Fazit lässt sich festhalten:  Bei der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung  kommt es nicht nur auf die zu zahlende Prämie, sondern auch und vor allem auf die Bedingungen an. Die Qualität steht im Vordergrund. Zu prüfen ist:

■   Ist das Versicherungsunternehmen spezialisiert auf den Heilberufesektor?

■   Bietet es zahnarztspezifische  Bedingungen?

■   Hat es einen unabhängigen  ärztlichen/ zahnärztlichen Beirat, der bei Meinungs- verschiedenheiten im Leistungsfall als unabhängiges Gremium die Interessen des Zahnarztes vertritt?

 

Private Unfallversicherung

Die Arbeitskraft der Praxisinhaberin bzw. der Praxisinhaberin bzw. des Praxisinhabers kann durch einen Unfall erheblich und sogar auf Dauer beeinträchtigt  werden. Die Absicherung über eine Unfallversicherung ist deshalb sinn- voll, um die dadurch ausgelösten wirtschaft- lichen Folgen abzufedern.

Niedergelassene Zahnärztinnen und Zahnärzte können sich bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) versichern – es besteht jedoch keine Pflichtmitgliedschaft. Deren Leistungspalette ist allerdings auch im Gegensatz zur privaten Unfallversicherung  sehr begrenzt. Die private Unfallversicherung bietet eine Viel- zahl von Leistungsbausteinen. Sie gilt – anders als die gesetzliche Unfallversicherung – rund um die Uhr, also im Beruf und in der Freizeit, und das weltweit. Wie schon der Name sagt, werden Leistungen ausschließlich nach Un- fällen gezahlt, nicht aber bei Berufsunfähigkeit infolge einer Krankheit. Bleiben als Folge eines Unfalles dauerhaft gesundheitliche Schäden zurück, wird die sog. Invaliditätsleistung fällig. Schon ab einer festgestellten  Teilinvalidität wird ein entsprechend vereinbarter Kapital- anteil bezahlt – ab einem Invaliditätsgrad von 1 %. Für Zahnärztinnen und Zahnärzte werden Spezialbedingungen geboten, um wichtige zahnarztspezifische Leistungen bzw. Risiken einzuschließen. Zum Beispiel lässt sich verein- baren:

■   verbesserte zahnarztspezifische Gliedertaxe

■   überproportional steigende Invaliditätsent- schädigung

■   Unfälle bei Rettung von Menschenleben, infolge erhöhter Kraftanstrengung und im Umgang mit Röntgen- und Laserstrahlen

■   Mitversicherung besonderer Infektions- krankheiten

■   Vorschuss bei schwerwiegenden  Unfallver- letzungen

■   Kosten für kosmetische Operationen

■   Bergungskosten

■   Reha-Management

■   Unfallkrankenhaustagegeld mit und ohne Genesungsgeld

 

Krankentagegeldversicherung

Wenn Zahnärztinnen und Zahnärzte arbeitsunfähig werden, drohen sofort Umsatzein- bußen. Die Krankentagegeldversicherung sichert das Einkommen. Das Tagegeld kann bis zur Höhe des Nettoeinkommens vereinbart werden und wird bezahlt, ob sie als Patient im Krankenhaus liegen oder wegen Arbeits- unfähigkeit  zuhause behandelt werden. Als Zahlungsbeginn kann mit dem Versicherer ein Tag X nach der festgestellten Arbeitsunfähig keit – der sogenannten Karenzzeit – vereinbart werden. Der Versicherungsbeitrag richtet sich nach der Höhe des Tagegeldes, der Karenzzeit, dem Eintrittsalter  und dem Gesundheitszustand. Zu beachten ist, dass die Höhe des vereinbarten Tagegeldes das Nettoeinkommen nicht über- steigen darf, denn im Schadenfall ist dieses nachzuweisen.

Für Existenzgründer ist das Krankentagegeld als Kompensation für das ausbleibende persönliche Einkommen unverzichtbar. Um die Höhe der Prämie und der notwendigen Versicherungsleistungen richtig auszutarieren, müssen die familiären Aufwendungen, die persönliche Risikomentalität und die finanziel- len Reserven berücksichtigt werden.

 

Dritter Gefahrenschwerpunkt: Der laufende Betrieb der Praxis

Das Einkommen im Krankheitsfall  wird (siehe oben) durch das Krankentagegeld abgesichert. Doch wie ist es mit den laufenden Kosten der Praxis? Schnell können diese Kosten einen sechsstelligen Betrag erreichen.

 

Praxis-Ausfallversicherung

Sie greift bei:

■   Krankheit oder Unfall des Praxisinhabers

■   Quarantäne

Bezahlt werden die fixen Betriebskosten wie

■   Miete bzw. Pacht

■   Personalkosten

■   Bürokosten wie Reinigung, Strom, Gas, Wasser, Heizung, Telefon

■   Buchhaltungskosten

■   Versicherungsprämien

■   Steuern und Abgaben sowie

■   Finanzierungskosten und Leasingraten.

Die Praxis-Ausfallversicherung sollte in der Praxisabsicherung nicht  fehlen. Sie umfasst die Erstattung der laufenden Praxiskosten oder auch Vertreterkosten und wird bedarfsgerecht in unterschiedlichen Varianten angeboten – je nachdem, ob z. B. ausschließlich  die Kosten eines Praxisvertreters abgedeckt werden sollen bis hin zu einer umfassenden Absicherung. Andererseits können auch ganz gezielt einzel- ne Leistungselemente ausgeschlossen werden, wenn diese schon über andere Versicherungen abgedeckt sind. Sie ist äußerst flexibel bzgl. der Leistungsdauer oder dem Beginn der Erstattung  (sog. Karenzzeiten). Das wirkt  sich natürlich beitragsmindernd aus.

 

Praxis-Vielschutzversicherung

Ein Kurzschluss in der Verkabelung, ein Defekt in einem elektrischen Gerät, eine nicht voll- ständig erloschene Kerze oder Ursachen an die man gar nicht denkt, können Schäden verur- sachen, die das Inventar einer Praxis vollstän- dig zerstören oder unbrauchbar machen. Auch der Verlust von Patientendaten kann dazu führen,  dass an einen reibungslosen Praxisab- lauf nicht mehr zu denken ist. Aber nicht nur ein Feuer kann zu solch fatalen Folgen führen. Bei einem Einbruch-Diebstahl  z. B. muss man sich nicht nur über das gestohlene Inventar ärgern, sondern auch die Beschädigungen an Türen und Fenstern beheben lassen. Ganz zu schweigen von den Vandalismus-Schäden,

die die Täter oftmals hinterlassen, wenn sie nicht im gewünschten Ausmaß fündig werden. Die Praxisinhaltsversicherung,  die Schäden durch Brand, Einbruchdiebstahl einschließlich Vandalismus, Leitungswasser, Sturm und Hagel deckt, ist ein „Muss“.  Hierbei ist auch noch die Betriebsunterbre- chung enthalten. Wenn nämlich die Praxis durch diese Ereignisse schließen muss oder nur eingeschränkt genutzt werden kann, überbrückt die Betriebsunterbrechungsver- sicherung die Ausfallzeiten finanziell. Ersetzt werden nicht nur laufende Kosten wie Miete, Löhne und Gehälter, sondern auch der ent- gangene Gewinn.

Vielfach wird das Überschwemmungsrisiko unterschätzt. Wer weit weg von Rhein, Elbe und Main wohnt, denkt oft nicht daran, dass Rückstau-Schäden genau so verheerend sein können.  Denn häufig  passiert  es, dass die Kanalisation  die Wassermassen nicht  mehr aufnehmen kann.

Folge: Nach dem Prinzip der kommunizieren- den Röhren steigt auch der Pegel in den Rohrleitungen von entfernt  gelegenen Anwesen.

 

Elektronik-Versicherung

Die Elektronik-Versicherung wird oft nur als „Kann“-Versicherung  eingestuft, also als eine Versicherung, die nicht unbedingt sein muss. Eine Fehleinschätzung. Die technischen Geräte – von der vernetzten EDV-Anlage bis zu dem Röntgengerät – haben in der Zahnarztpraxis ein hohes Investitionsvolumen. Die Elektronik- Versicherung deckt Schäden, die aufgrund  von

■   Verschmoren, Versengen, Kurzschluss oder Überspannung,

■   Fahrlässigkeit oder unsachgemäße Hand- habung,

■   vorsätzliche Handlungen Dritter oder

■   Wasser

am Gerät auftreten können. Zu beachten sind die Angebote von Spezialanbietern, die Selbst- behalte zulassen, um dadurch die Prämie zu reduzieren. Praxisgründer erhalten oft auch Sonderrabatte.

 

Rechtsschutzversicherung – damit Sie zu Ihrem Recht kommen

Warum eine Rechtsschutz-Versicherung? Die Praxis, die Mitarbeiter, das Privatleben – für Niedergelassene Zahnärztinnen und Zahnärzte setzt sich das Leben aus vielen Komponenten zusammen. Nicht immer läuft alles reibungs- los oder kann gütlich geklärt werden. Manch- mal trifft man sich am Ende sogar vor Gericht. Die kurze Antwort  auf die eingangs gestellte Frage: Eine Rechtsschutzversicherung  übernimmt  fast sämtliche Kosten, die im Zusam- menhang mit einem Rechtsstreit entstehen, also z. B. Anwalts-, Sachverständigen- und Gerichtskosten.

Zum Beispiel, wenn Zahnärztinnen  und Zahn- ärzte mit einer Klage wegen eines Behand- lungsfehlers oder einer fehlerhaften Diagnose konfrontiert werden. Und genauso, wenn Mitarbeitende gegen ihre angeblich nicht rechtmäßige Kündigung klagen.

So ist die Rechtsschutzversicherung  gerade für Zahnärztinnen und Zahnärzte eine wichtige Versicherung. Denn wer täglich die Verantwortung für die Gesundheit anderer Menschen übernimmt, trägt natürlich immer ein gewisses Risiko – auch wenn er dabei selbst absolut gewissenhaft handelt. Müssen sich Zahnärztinnen und Zahnärzte schließlich vor Gericht verantworten, drohen neben dem unvermeidlichen Imageschaden auch enorme Prozesskosten. Es sei denn,  sie haben  sich für den Fall der Fälle durch eine Rechtsschutzver- sicherung abgesichert. Und auch außerhalb der Praxis lauern häufig juristische Stolperfallen: Der Unfallgegner will seine Schuld nicht eingestehen, das Möbelhaus liefert mangelhafte Ware oder das Finanzamt erkennt die Werbungskosten nicht an. Der Weg zum Kadi ist dann oft nicht mehr weit. Auch diese Szenarien lassen sich durch die Rechtsschutzversicherung abdecken. Weitere Optionen sind die Absicherungen bei Auseinandersetzungen mit dem Nachbarn oder dem Vermieter durch den Wohnungs- und Grundstücks-Rechtsschutz.

 

 

Die Initiatoren